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Unzählige Bittgänge und der unermüdliche Sammeleifer von Pfarrer Meerwein, der den Collekteuren von 1724/25 in nichts nachstand, schufen erst die finanzielle Grundlage zum Bau der schmucken neugotischen Kirche, die in we­gen Wochen 100 Jahre alt wird. Von Pfarrer Meerwein erzählte man sich folgende Anekdote:

"Wieder einmal war er auf der Rückkehr von einer Behörde zu seinem Landes­fürsten gegangen und hatte dort um eine Audienz gebeten. Da er nicht gleich vorgelassen wurde, ging er im Schlosspark spazieren.
Nach einer Weile sah der Fürst zufällig zum Fenster hinaus und fragte seinen Diener, wer der Mann dort im Park sei. - "Majestät", sagte der Diener, "das ist der Bettler von Palmbach." - "Mein Gott", sagte der Fürst: - "Lasst ihn heraufkommen, den bringen wir sonst überhaupt nicht mehr los."


Grundsteinlegung der evangelischen Kirche zu Palmbach - den 22. April 1906Plan Waldenserkirche 1906

Urkunde

"Am 22. April 1906, in dem Jahr, in welchem unser geliebter Landesfürst, Großherzog Friedrich von Baden, sein achtzigstes Lebensjahr vollendet und seine Goldene Hochzeitsfeier begeht, im 54. Jahr seiner reichgesegneten Regierung, im 18. Regierungsjahr Kaiser Wilhelms II. legen wir den Grundstein zu unserer neuen Kirche."

Die bisherige Kirche war im Jahre 1725 erbaut worden, nachdem der Ort Palmbach- damals "La Balme" - im Jahre 1701 von 28 Waldenserfamilien ge­gründet worden war, die um ihres Glaubens wegen aus ihrer Heimat Piemont vertrieben worden waren. Die bisherige Kirche war so baufällig geworden, dass der Bau der neuen Kirche notwendig wurde.

(Durch Gaben der Liebe von nah und fern, unter denen besonders Festgaben zur Jubelfeier des 200-jährigen Bestehens der Gemeinde seitens Ihrer kö­niglichen Hoheit des Großherzogs und der Großherzogin, Seiner königli­chen Hoheit des Erbgroßherzogs, Seiner Großherzoglichen Hoheit des Prinzen Karl, sowie auch von Herrn Schlosshauptmann von Offensandt-Berkholz zu nennen sind, durch die Fürsorge der evangelischen Oberkirchenbe­hörde, die uns Landeskollekte, Zuschüsse aus der Baukollekte und aus all­gemeinen Kirchenmitteln gewährte, durch Kirchenkollekten in der Diözese Durlach und anderen Nachbargemeinden, und durch die Opferwilligkeit der Gemeinde Palmbach selbst, hat unser Kirchenbaufonds eine Höhe von 45.000.- Mark erreicht")
(Dieser Textabschnitt kam im Vortrag nur pauschal vor.)

Der Bau der Kirche selbst ist auf 53.500,00 Mark veranschlagt, wird aber eine Bausumme von 56.000,00 Mark erfordern mit Einschluss von Inbau, Orgel, Glocken und Beleuchtung. Die fehlende Summe wird vom evangelischen "Pfarrhausbaufonds" dargeliehen werden. (Die Pläne zur neuen Kirche sind das Werk von Baurat Rudolf Burkhard in der evangelischen Kirchenbau-Inspektion Karlsruhe, deren Architekt Theodor Gasnbs die Bauleitung obliegt. Maurerpolier ist Wilhelm Christoph Krieger von Grötzingen; Bauunternehmer Philipp Krieger leistet mit Maurermeister Johann Wilhelm Ludwig von hier die Maurerarbeiten, Steinbruchbesitzer Wilhelm Jakob Raviol von hier fertigt die Steinmetzarbeiten; die Zimmererarbeiten sind Zimmermeister Wilhelm Roll von hier übergeben). - [Dieser Textabschnitt wurde im Vortrag gerafft ausgeführt.

- Die Gemeinde Palmbach zählt z. Zt. 391 Einwohner, darunter 190 männliche (6 Katholiken).
- Grund- und Häusersteuerkapitalien: 383.820,00 Mark.
- Bürgermeister ist Johann Wilhelm Kräutler,
- Ratschreiber Wilhelm Johann Löffler.

Im Jahre 1902 wurde ein neues Rathaus (mit Schule) errichtet. Da die alte Kirche abgebrochen wird, muss der Gottesdienst im Rathaussaal gehalten werden bis zum Herbst, wo, wie wir hoffen, die neue Kirche voll­endet sein wird. Es würde dann die Einweihung der Kirche zugleich die Feier der hundertjährigen Zugehörigkeit zum Großherzogtum Baden bilden.


In den Grundstein werden mit dieser Urkunde eingelegt:

  1. ein Erlass des Evangelischen Oberkirchenrats, worin er der Evangelischen Kirchengemeinde Palmbach zum Bau der neuen Kirche aus allgemeinen Kirchenmitteln 10.000,00 Mark bewilligte;
  2. ein Fünfmarkstück mit Bildnis Kaiser Wilhelms II., ein Zweimarkstück mit Bildnis von Großherzog Friedrich von Baden;
  3. die Festschrift zur Feier des 200- jährigen Bestehens der Gemeinde "Zion halte deine Treu!"
  4. "Freudenernte" Festbericht der obigen Jubelfeier
  5. verschiedene Zeitung

Möge Gottes Auge über dem Bau des neuen Kirchleins schützend und über den Bestand desselben segnend wachen; möge der Herr unserer Kirche dazu helfen, dass die evangelische Gemeinde Palmbach allezeit festhalte an dem evangelischen Glauben, für den die Vorfahren Gut und Blut geopfert haben, und dass im Kirchlein selbst die Predigt des Evangeliums immerdar nach dem Apostelwort verkündigt werde:

"Einen andern Grund kann niemand legen außer dem, der gelegt ist, welcher ist Jesus Christus!"

A m e n.

Palmbach den 22. April 1905

Die geladenen Zeugen: Der evang. Kirchengemeinderat:

D. Joh. Reinmuth, Oberkirchenrat            Gustav Meerwein, Pfarrer
Georg Meyer, Dekan in Durlach               Johann Ludwig Piston
Friedr. Schweickert Pfr. in Graben            Johann Peter Jourdan
Baron Julius von Gemmingen                  Heinrich Kräutler
Wilel. Meerwein, Stadtrat, Marbach         Johann Ludwig Jourdan
Johann Wilhelm Kräutler, Bürgermeister
Wilhelm Johann Löffler, Ratschreiber
Karl Ludwig Gemeinderat
Christoph Bertsch, Gemeinderat
Ludwig Piston,  Gemeinderat
Johann David Löffler, Gemeinderat
Wilhelm Löffler, Gemeinderat
Leopold Mußgnug, Gemeinderat
Heinrich Obländer, Hauptlehrer
(Die Nennung der Namen wurde im Vortrag weggelassen.)


Die Einweihung der neuen Kirche in Palmbach am Sonntag, 28. Oktober 1906

Vormittags 11.00 Uhr: Festzug vom Rathaus zur Kirche

  1. Gesang der Gemeinde vor der Kirche: "Tut mir auf die schöne Pforte …" (1+2)

  2. Gesang der Gemeinde in der Kirche: "Lobe den Herren, den mächtigen König (1+2)

  3. Eingangsgebet: Dekan Meyer, Durlach

  4. Gesangverein Harmonie in Palmbach "Wo Gott der Herr das Haus gebaut..."

  5. Weiherede: Dekan Meyer, Durlach

  6. Weihegebet: Dekan Meyer, Durlach

  7. Gemeindegesang mit Orgelbegleitung und Geläute der neuen Glocken "Nun danket alle Gott ..." (1-3)

  8. Festpredigt des Ortsgeistlichen, Pfarrer Gustav Meerwein

  9. Gesang des evangelischen Kirchenchors Palmbach "Jauchzet Gott alle Lande, lobsinget zu Ehren seinem Namen!"

  10. Ansprache des Vertreters des Evang. Oberkirchenrats: Prälat D. Oehler

  11. Gemeindegesang: "Sei getreu bis an das Ende, dass nicht Marter, Angst und Not..."

  12. Begrüßungen von Vertretungen auswärtiger Waldensergemeinden

  13. Schlussgebet

  14. Gemeindegesang: "Wir wollen stets bei dir allein, Herr Jesus Christ verbleiben ..."

  15. Segen

Festessen im Rathaussaal (Gedeck zu 2 Mark 50 Pfennig ohne Wein)

(die Ordnung des Gottesdienstes zur Einweihung der Kirche wurde in meinem Vortrag nicht verlesen!)

Nachfeier am Sonntag, 28. Oktober 1906, 4 Uhr

  1. Gemeindegesang: "Einer ist 's an dem wir hangen, der für uns in den Tod gegangen..."

  2. Eingangsgebet und Ansprache

  3. Gesang der Schüler "Nun ist zu Gottes Ehre erbaut dies Heiligtum. Dem Herrn der Himmelsheere sei dafür Dank und Ruhm ..." (1-5)

  4. Vortrag über die Geschichte der Waldenser: Pfarrer Märkt, Hessigheim / Wttbg.

  5. Gemeindegesang: "Fahre fort, fahre fort! Zion fahre fort im Licht!

  6. Vortrag von Pfarrer Calvino in Lugano, Vertreter der Waldenserkirche

  7. Gesang des evangelischen Kirchenchors Palmbach "Vater, du im Himmelsraume höre deiner Kinder Flehn ..." ( 1-3)

  8. Schlussansprache und Gebet.

  9. Gemeindegesang: "Wie freu ich mich, Herr Jesu Christ, dass du der Erst und Letzte bist ..."

  10. Verkündigung der Festgaben, welche der neuen Kirche zugewendet wurden

  11. Segen

Beim Ausgang aus der Kirche wird eine Kollekte erhoben zum Besten der neuen Kirche; ein Teil wird den Glaubensgenossen in Italien und Österreich zufließen.
(Der Ablauf der Nachfeier wurde im Vortrag nur auszugsweise einbezogen.)